IHK-Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn 2023

Wirtschaft lässt Stimmungstief hinter sich

„Die Konjunktur am Hellweg und im Sauerland hat sich deutlich belebt. Wir sehen eine deutliche Trendwende“, so IHK-Präsident Andreas Rother über das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage. Die aktuelle Lage wurde von den Unternehmen in fast allen Branchen positiv bewertet. „Die Erwartungen sind zwar noch von Vorsicht geprägt, aber die Unternehmen sehen die Zukunft nicht mehr so tiefschwarz wie im Herbst“, berichtet Rother. 462 Unternehmen haben an der IHK-Befragung zum Jahresbeginn teilgenommen und Antworten zu ihrer wirtschaftlichen Situation und ihren Erwartungen gegeben.

Im vergangenen Herbst war der Konjunkturklimaindikator, er berechnet sich aus Lage- und Erwartungswerten, auf ein Allzeittief von 66 Punkten eingebrochen. Nun macht er einen Sprung auf 94 Punkte, bleibt damit aber noch unterhalb der Wachstums-Grenze von 100. Die großen Risiken und Unwägbarkeiten, die die Herbst-Umfrage prägten, hätten sich deutlich verringert, erklärt Andreas Rother. „Vor allem die Sorge vor einer Gasmangellage ist faktisch verschwunden, ebenso die vor neuen pandemiebedingten Beschränkungen.“ Als Unsicherheitsfaktoren blieben jedoch der Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation, die Entwicklungen in China und der Arbeits- und Fachkräftemangel.

Die wirtschaftliche Lage hat sich seit vergangenem Herbst verbessert. Keine Branche beurteilt ihre Situation aktuell negativ. Dienstleister und Gastgewerbe bewerten sie am besten. Die deutlichsten Sprünge in der Einschätzung seit Herbst machen Industrie und Einzelhandel. Die Bauwirtschaft gibt der Situation nach der langen Phase hoher Auslastung überwiegend ein „Befriedigend“ – „Gut“- und „Schlecht“-Urteile halten sich hier die Waage. Polarisierend ist die Situation im Großhandel: Zwar meldet ein großer Anteil (31 %) eine gute Lage, immerhin geben aber auch 29 Prozent bei diesem Kriterium ein „Schlecht“.

Unsicherheiten prägen nach wie vor die Erwartungen. Dadurch bleiben die Einschätzungen für die kommenden 12 Monate unter dem Strich negativ. Allerdings fällt die Prognose weitaus weniger dramatisch aus als im Herbst. „2023 wird kein leichtes Jahr, viele Herausforderungen warten auf unsere Unternehmen. Aber wir haben jetzt die Perspektive, dass wir es meistern können“, fasst Andreas Rother die Erwartungen zusammen.

Positiv blickt nur das Gastgewerbe nach vorn, die meisten Rückgänge erwartet die Bauwirtschaft. „Die Unternehmen zeigen sich überwiegend robust und kommen gut durch diese schwierigen Zeiten“, erläutert IHK-Hauptgeschäftsführer Jörg Nolte. Der Vergleich mit der Herbst-Befragung zeige jedoch, wie wichtig politische Verlässlichkeit ist. „Wir erinnern uns noch gut an die kurz vor ihrer Einführung wieder abgeschaffte Gasumlage. Solche Debatten sind Gift für die Planbarkeit in den Unternehmen.“

Die Exporterwartungen haben sich verbessert, bleiben aber noch negativ. „Der Ukrainekrieg mit seinem ungewissen Ausgang und den unabsehbaren Folgen bleibt ein Risikofaktor im internationalen Handel“, sagt IHK-Volkswirt Stefan Severin. Hingegen sei die Pandemie fast überall überwunden, Chinas Lockdown zumindest vorerst beendet und der Warentransport über die Weltmeere lasse sich wieder besser und kostengünstiger planen.

Geprägt sind die Lage- und Erwartungsurteile von den stark gestiegenen Strom-, Gas- und Kraftstoffpreisen. Drei von vier Unternehmen begegnen diesen durch Energiesparen. Jeder zweite Betrieb investiert in Energieeffizienzmaßnahmen. Zwei Drittel können gestiegene Kosten zumindest größtenteils an ihre Kunden weitergeben. Ein Fünftel stellt allerdings Investitionen zurück. „Die immer noch sehr hohen Energiekosten gefährden mittelfristig die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und damit Arbeitsplätze und Wohlstand“, befürchtet Jörg Nolte. „Der Nachfragedruck, gerade nach Strom, wird in den nächsten Jahren deutlich ansteigen. Die Politik muss helfen, das Energieangebot schnell zu erhöhen und die Energiewende gerade bei der Wasserstoffinfrastruktur und Genehmigungsprozessen vorantreiben, damit wir wieder planbare und wettbewerbsfähige Preise bekommen.“

Bei der Frage nach den Konjunkturrisiken gilt die größte Sorge noch immer den Energie- und Rohstoffpreisen, die 80 Prozent der Unternehmen angeben. Dahinter wird der Fachkräftemangel (63 %) als Gefahr für die weitere wirtschaftliche Entwicklung genannt. Es folgen Arbeitskosten (52 %), Inlandsabsatz (51 %) und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (42 %). „Die politischen Rahmenbedingungen spielen angesichts der jüngsten Herausforderungen nur eine untergeordnete Rolle. Aber wir hören aus allen Branchen eine kontinuierliche Kritik an den bürokratischen Belastungen. Seien es Dokumentationspflichten, langwierige Antragsverfahren oder eine mangelhafte Digitalisierung in der Verwaltung. Eine konsequente Entbürokratisierung wäre die beste Wirtschaftsförderung“, fordert Andreas Rother.

Die Unternehmen sind angesichts der Konjunkturrisiken zurückhaltend bei ihren Investitionsplanungen. Abgesehen vom Gastgewerbe und von den Dienstleistungsbereichen kündigen sämtliche Branchen, weniger Investitionen als in der Vergangenheit an. Das wichtigste Ausgabemotiv bleibt der Ersatz (63 % Nennungen) vor der Rationalisierung (42 %). An Bedeutung verloren hat die Kapazitätsausweitung mit nur noch 27 Prozent Nennungen. Knapp ein Viertel der Investitionen werden mit dem Umweltschutz begründet.

Die im Herbst angekündigte deutliche Verringerung der Belegschaften wird voraussichtlich geringer ausfallen. Gastgewerbe und Dienstleister planen sogar per Saldo zusätzliche Einstellungen. Immerhin zwei Drittel der Betriebe wollen ihre Mannschaftsstärke halten. „Zu befürchten ist allerdings, dass der Fach- und Arbeitskräftemangel vielen Betriebe einen Strich durch die Planungen macht und neben den Energiekosten eine weitere Wachstumsbremse ist“, merkt Jörg Nolte an.



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